Freya-Markus-Straße: Ein Dorf in der Stadt

Freundschaft wird hier groß geschrieben: An der Freya-Markus-Straße kennt jeder jeden. Ein Fremder fällt an dieser Straße auf wie ein bunter Hund.

Ein Fremder fällt an dieser Straße auf wie ein bunter Hund. Alle, die an der Freya-Markus-Straße im Scharnhorstviertel wohnen, kennen sich. Der eine Nachbar weiß, wann der andere von der Arbeit kommt, wer wann die Enkel hütet und schaut nach der Post und dem Garten, wenn der andere im Urlaub ist.

An der Freya-Markus-Straße haben sich Freundschaften entwickelt: Franziska Thiel (re.) und Christina Witt-Brand. Foto: nin

„Wir sind hier ein Dorf für sich, weil wir jeden kennen“, sagt Christina Witt-Brand. Die Freya-Markus-Straße sei eine „Idylle mitten in der Stadt“. Wegziehen wolle hier niemand. Im Gegenteil: das Grundstück neben Witt-Brands steht schon lange leer. „Früher haben oft Leute bei uns geklingelt und gefragt, ob wir wissen, wem das Grundstück gehört und ob es zu verkaufen ist, sie würden es gerne haben“, erklärt die 49-Jährige. Das Nachbargrundstück ist nach wie vor nicht zu verkaufen. Und das sei gut so. „Es ist eine tolle Spielwiese für die Kinder“, sagt Franziska Thiel. Sie wohnt gegenüber.

Dass sie und ihr Mann vor über neun Jahren das Grundstück kaufen konnten, war laut Thiel reines Glück. „Eigentlich war schon alles belegt. Ich habe morgens um 7 bei der Stadt angerufen und es war gerade jemand für das Grundstück abgesprungen. Da haben wir den Bauplatz bekommen“, erklärt Thiel.

Eine Sonnenbank auf jeder Straßenseite

Sie wohnt gern an der Freya-Markus-Straße. Auch, weil sie und ihr Mann einen ganz besonderen Bezug zum Straßennamen haben. „Freya Markus war die Begründerin von Tivi’s Märchenspiel. Und mein Mann und ich haben uns genau dort kennengelernt“, erzählt die 42-Jährige.

Damals gehörte sie zum Orchester, ihr Mann Christoph zum Bühnenteam. „Wir sind nicht nur Nachbarinnen – wir sind Freundinnen“ An der Straße schätzt Thiel, dass dort viele Spielgefährten für ihre eigenen Kinder Hannah und Clemens wohnen. „Man muss keine Verabredungen zum Spielen machen, die Kinder finden draußen immer jemanden“, sagt sie. Auch die Stadtnähe hebt die 42-Jährige hervor. Alles sei schnell zu erreichen. „Trotzdem ist es hier ruhiger als auf dem Dorf.

Es gibt keine rauschende Straße in der Nähe, wie das bei anderen Baugebieten der Fall ist“, sagt Thiel. Auch die gute Nachbarschaft der Straße lobt die Instrumentallehrerin. Die gute Nachbarschaft springt jeden, der zur Freya-Markus-Straße kommt, förmlich an.

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Frauen bleiben auf der Straße stehen, um einen kurzen Plausch zu halten, das typische Gespräch über den Gartenzaun wird hier ohne Distanz gehalten. Hier nimmt man sich zur Begrüßung in den Arm, teilt private Geschichten und auch mal kurz den Gartenschuh, wenn die Nachbarin auf Socken auf die Straße gelaufen kommt. „Wir sind nicht nur Nachbarinnen, wir sind Freundinnen“, erklärt Tanja Bojic, während sie mit ihrer Nachbarin Kerstin Schulz auf der Straße steht.

Während des Grünschnitts hat sich ein kleiner Smalltalk entwickelt. „Wir wohnen direkt nebeneinander, da ergeben sich Freundschaften“, erklärt Schulz. Sie wohnt seit acht Jahren an der Freya-Markus-Straße und gehört damit nicht zu den Erstbesitzern.

„Seit wir hier wohnen, vermisse ich Hamburg nicht mehr.“

Manfred Sosnik

Tanja Bojic (49) hingegen schon. „Mein Mann ist Architekt und hat das Haus entworfen. Im Dezember wohnen wir zehn Jahre hier“, erklärt Bojic. Seit 50 Jahren verheiratet und seit zehn Jahren an der Freya-Markus-Straße sind Manfred und Ursula Sosnik (72 und 67 Jahre alt). Beide sind von Hamburg nach Hameln gezogen. „Es wohnt sich hier so schön. Seit wir hier wohnen, vermisse ich Hamburg nicht mehr“, sagt Manfred Sosnik.

Früher hatte das Ehepaar einen Friseursalon in Hamburg-Billstedt. Als sie nach Hameln zogen, wollte Ursula Sosnik erst wieder arbeiten gehen, entschied sich dann aber doch für die Rente. „Wir leben hier wie im Urlaub, uns geht es gut“, sagen beide. Die beiden sind zufrieden mit ihrem Haus und ihrem Leben nahe der Hamelner Altstadt.

Drohender Güterverkehr besorgt Anwohner

Eine Sache besorgt jedoch fast alle Anwohner der Straße. Der drohende Güterverkehr. Wenn es soweit kommen sollte, dass der Gütertransit durch Hameln läuft, ist die Freya-Markus-Straße direkt betroffen. „Die Waggons würden doch direkt hinter uns am Feuergraben entlanglaufen“, sagt Tanja Bojic.

Ihre Nachbarin Christina Witt-Brand formuliert es drastischer und nennt das Ganze eine „kalte Enteignung“. Häuser würden an Wert verlieren, Nachbarn wegziehen und die Häuser womöglich nicht wieder verkauft. Ihrem Unmut bezüglich des drohenden Güterverkehrs machen viele Anwohner mit Anti-Transit-Plakaten an den Gartenzäunen Luft.

Der Widerstand hat an der Freya-Markus-Straße ein Gesicht: die Anwohner. „Die Grundstücke waren nicht billig und wir hatten beim Bau damals wirklich viele Auflagen“, erklärt Witt-Brand. Ihr Haus, die gute Nachbarschaft und die Ruhe, wollen sie und die Nachbarn rundherum nicht eines Tages wegen des ratternden Güterverkehrs aufgeben müssen.

Hannah (9) und Clemens (6) und ihre Mutter Franziska Thiel (42) mögen den großen Garten, der zum Haus gehört. Foto: nin
Manfred (72) und Ursula Sosnik (63) wohnten früher in Hamburg. Foto: nin
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Freya Markus Begründerin von Tivi’s Märchenspiel

Freya Markus war die Begründerin von Tivi’s Märchenspiel. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg ging sie von Dorf zu Dorf und veranstaltete kleine Märchenspiele, um besonders den Kindern wieder eine Freude zu machen. Kurz vor dem Tod von Freya Markus im Januar 2000 gründete sich der Verein „Tivi’s Märchenspiel e.V.“. Noch heute kümmert sich der Verein um die Angelegenheiten und Auftritte der Schauspielgruppe. Die Straße im Scharnhorstviertel wurde vor etwa zehn Jahren angelegt und zu Ehren der Verdienste von Freya Markus im Jahr 2004 nach ihr benannt. Das Scharnhorstviertel ist ehemaliges britisches Kasernengelände und wurde von den Briten 2001 an den Bund übergeben.

Nachgezählt

  • 72 Anwohner
  • darunter 54 Erwachsene, 27 Männer und 27 Frauen
  • unter den 72 Anwohnern befinden sich 18 Personen unter 18 Jahren
  • 3 Hunde
  • kein Gewerbe
  • Hausnummern reichen von 1 bis 22, wobei 19 und 21 fehlen
  • 200 Meter lang
  • zwei kleine Straßenabzweige, die zur Freya-Markus-Straße gehören

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