Königskinderweg: Wohnen wie im Märchen

Der Königskinderweg ist ein Märchenland für kleine und große Helden.

Es ist eine Idylle: Vögel zwitschern in jedem Busch, Anwohner streichen im Sonnenschein die Fensterrahmen, Jungs treffen sich zum Fußball spiel, Kindergelächter schallt aus dem Nachbargarten, irgendwo bellt ein Hund. Fast scheint es, als wäre man auf dem Dorf gelandet. Doch die Straße mit dem wohlklingenden Namen Königskinderweg liegt nur unweit vom Reimerdeskamp und somit auch nicht sonderlich weit weg von der Innenstadt. „Es ist hier schon ein wenig wie auf dem Dorf“, sagt Antje Winzker. „Wir haben einen guten Kontakt zu den Nachbarn, der Wald ist gleich um die Ecke, ich habe noch nie so viel Natur erlebt“, erklärt die zweifache Mutter. Es könne durchaus passieren, dass man am frühen Morgen mal einem Reh begegne, nach Regen sogar Feuersalamandern. Auch Maikäfer würde man ab und an zu Gesicht bekommen. Das viele Grün rund um das Wohngebiet hebt auch Ute Zimmer hervor. „Ich kenne kein anderes Baugebiet, wo es so viel Grün gibt.“ Besonders für die Hundesitzer sei das ein Vorteil.

Ein Ort der Königskinder

Mit ihren zwei Hunden ist Dagmar Koenig häufiger im nahegelegenen Waldgebiet unterwegs. „Gleich hier um die Ecke, wenn man diesen kleinen Weg dort vorne hochgeht, kommt man an einen Pfad mit vielen Wildobstbäumen“, sagt die Lehrerin. An das kurze Schmunzeln, das den Leuten unweigerlich über die Lippen huscht, wenn Frau Koenig erklärt, dass sie im Königskinderweg wohnt, hat sie sich schon gewöhnt. „Und ja, es gibt auch Königskinder“, sagt die Mutter von zwei Söhnen.

Dass es im Königskinderweg so viel Bepflanzung gibt, die Gärten und Beete erstaunlich offen gestaltet sind und die meisten Häuser wie aus einem Guss wirken, kommt jedoch nicht von ungefähr. Das gesamte Wohngebiet rund um den Königskinderweg wurde im Rahmen der Expo 2000 gebaut. In allen Straßen – die wohlklingende Namen wie Rapunzel-, Sterntaler- und Dornröschenweg tragen – stehen fast nur Niedrigenergiehäuser. Für ihr neues Eigenheim hatten die Besitzer spezielle Auflagen, die erfüllt werden mussten. „Dachfarbe, Dachneigung oder die Höhe des Giebels konnten wir uns nicht aussuchen“, erklärt Ute Zimmer. Auch Zäune sind nicht erlaubt. „Die ersten Häuser, die gebaut wurden, haben nicht einmal Kippfenster“, weiß Zimmer. „Das hat etwas mit der Energiebilanz zu tun“, erklärt sie. In ihrem Haus gibt es eine Belüftungsanlage, die automatisch Frischluft von außen ansaugt. „Lüften müssten wir also theoretisch gar nicht“, sagt sie. Mittlerweile werde auf die Auflagen aber nicht mehr ganz so streng geachtet wie noch vor 15 Jahren. Nach und nach seien die Auflagen etwas gelockert worden.

Ute Zimmer schätzt die Waldnähe des Wohngebiets.

Das Bauprojekt „Rotenberg-Ost“, wie es zu Expo-Zeiten genannt wurde, sollte in städtebaulichen, sozialen und ökologischen Qualitäten eine Vorbildfunktion für künftige Stadtentwicklungs- und Planungsprojekte geben. Viel Wert wurde auch auf kinderfreundliches Wohnen gelegt. „Viele kleine Kinder haben wir hier jetzt allerdings nicht mehr“, sagt Ute Zimmer. Die Kleinkinder, die vor 15 Jahren einzogen, seien mittlerweile fast erwachsen. „Der Spielplatz hinten wird eigentlich kaum noch genutzt“, erklärt Sabine Winter. Auch ihre Kinder seien mittlerweile zu alt dafür. Max, mittlerweile 16, war beim Einzug in das neue Haus nicht einmal ein Jahr alt, Lea (12) noch nicht geboren. Doch die nächste Generation steht bei manchen Nachbarn schon in den Startlöchern, nun kommen die Enkel zum Spielen vorbei. Zimmer erklärt „Die Kinder können sich auch auf die Straße setzen und mit Kreide malen, es ist sehr ruhig, da hier ja wirklich nur die Anwohner entlangfahren.“

Lea und Max, die Kinder von Sabine Winter, sind im Königskinderweg aufgewachsen und fühlen sich dort wohl.
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Die Geschichte der Straße

Der Königskinderweg und das umliegende Wohngebiet wurden im Rahmen der Expo 2000 als „Vorzeige-Wohngebiet“ errichtet, alle Straßen tragen Märchennamen. Ein besonderes Augenmerk wurde auf kinder- und familienfreundliches Wohnen, energiesparendes Bauen, ökologische Siedlungsplanung, kosten- und flächensparendes Bauen und landschaftsangepasste Architektur gelegt – daher auch die strengen Auflagen für die Bauherren. Dass die Hausnummern im Königskinderweg springen (es gibt keine Nummer 2, manche Zahlenreihen fehlen gänzlich), hat mit der ursprünglichen Planung von kleinen Mehrfamilienhäusern zu tun, die dann doch nicht umgesetzt wurde. Laut den Bauplanungen soll es Kindern im gesamten Gebiet möglich sein, sicher auf der Straße zu spielen. Das Gebiet ist verkehrsberuhigt.

Nachgezählt

  • 8 Häuser
  • 26 Anwohner, davon 13 Frauen und 13 Männer
  • Darunter 8 Kinder
  • 3 Hunde
  • 1 Kreisel
  • 1 Bushaltestelle
  • 16 Gullydeckel
  • 1 Spielplatz
  • 9 Straßenlaternen
  • 5 Querstraßen
  • 499 Google-Suchergebnisse in 28 Sekunden

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