Waterloostraße: Akkurate Aussichten

In der Waterloostraße geht es, trotz der Nähe zu Großstadt relativ ruhig zur Sache.

Sie ist kurz, hübsch und nicht mehr die Jüngste. Die Waterloostraße am Stadtring beherbergt einige der schönsten Altbauwohnungen in unmittelbarer Stadtnähe. Gepaart mit den hochreichenden Wohneinheiten in Backsteinhäusern auf der gegenüberliegenden Straßenseite, erinnert die Waterloo an Straßenzüge, wie sie in Hannovers Südstadt zu finden sind. Etwas Urbanes zieht sich durch ihre 185 Meter, die heute 115 Jahre alt sind.

Eine Straße zum wohlfühlen

„Nice“, findet es Benjamin (10) hier. „Passt schon“, sagt Christopher (12). „Ich bin bestimmt schon 100 mal in die Stadt gelaufen“, sagt Christopher. „Ich bestimmt 75-mal“, sagt Benjamin. Die beiden Brüder kennen die Waterloostraße seit anderthalb Jahren. Mit ihrem Papa, „der nicht gut kochen kann“, wohnen sie meistens in einem Männerhaushalt. Die Mutter arbeitet in Süddeutschland. „Jedes zweite Wochenende kommt sie hierher“, sagt Benjamin. Die Brüder haben das Gefühl, die Straße, die müssen sie noch besser kennenlernen. Früher in ihrer alten Straße in Baden-Württemberg, „das kannten wir alle“. „Gut, dass sie nah an der Stadt ist“, sagt Benjamin. Und Christopher: „Das Schiller ist gleich in der Nähe.“ Benjamins Schulweg ist da schon ein bisschen weiter, er besucht „das AEG“ in der Nordstadt.

„Wir kennen eigentlich keine Leute in der Waterloostraße“, sagen die beiden. Was sie über die Straße sonst noch wissen – „dass es irgendwas mit Klostraße heißt“, sagt Benjamin, „Water heißt Wasser.“ Und, „es gibt hier ’ne Katze, die läuft vor der Waterloostraße 4 und 2 rum“, sagt Christopher. „Die kennt mich und ihn ziemlich gut, die streicht uns immer um die Beine“, sagt er und deutet auf seinen jüngeren Bruder. Benjamin glaubt, dass die Katze einer älteren Frau gehört. Unten auf der Straßenseite gegenüber, wo die Altbauwohnungen mit den hohen Decken stehen, gibt es einen Balkon. „Wenn die Vorhänge offen sind, kann man sehen, was die in der Wohnung fernsehen.“ Was Benjamin an seiner neuen Straße fehlt? „Ein Schwimmbad, ein Kino und meine Oma.“

Ein bisschen urban aber ruhig

„Es gibt ja so Wohnviertel, wo man also nicht so gerne wohnen möchte. Dazu gehört dies bestimmt nicht hier.“ Jürgen Schoormann ist gerade 80 geworden und seit 2007 in der Waterloostraße. Wie er zu seiner Wohnung in dem Jugendstilhaus kam, das war eigentlich ein „Wink des Schicksals“, sagt er. Über dem mühevoll restaurierten Haus hängt der Bremer Schlüssel. Der Bauherr von 1900 war ein Bremer, erzählt
Schoormann. „Und meine Familie kommt aus Bremen“ – da war die Sache eigentlich schon klar.

Jürgen Schoormann (80) liebt Sylt, Mare TV und macht sich so seine Gedanken zu sozialen Netzwerken. In der Waterloostraße wohnt er seit 2007.

Die Wohnung erinnert ihn an jene, wie es sie oft in großen Städten, „in Berlin“, gibt: „Fand ich immer wunderbar, die etwas höheren Räume, dann Stuckdecke“, und genau das hat er in der Waterloostraße gefunden. Für seinen nach wie vor sehr aktiven Lebensstil ist die bereits behindertengerechte Wohnung in dem „eigentlich schönsten Haus der Straße“ sowohl Ruhepol als auch Denkschmiede. Der ehemalige Lehrer und Schulleiter schreibt hier rege über kulturelle Ereignisse in der Stadt, hat eine Jazzsendung beim Radio, macht Lesungen, liebt Sylt und wollte zu seinem Geburtstag eigentlich verreisen. Hat nur wieder nicht geklappt dieses Jahr, dann aber nächstes.

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Seine Besucher sagen, „erstaunlich, es ist eigentlich nicht laut, obwohl es so nah an der Stadt ist“. Schoormann selbst ist ganz froh, dass seine Straße nicht mitten im Zentrum liegt. „Abends gehen die Leute da durch die Gegend“, ein bisschen, was Urbanes sei ganz schön, aber lautes Gegröle in der Innenstadt, das brauche er nicht. Die Lage ist ideal, findet er.

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Eine anonyme Nachbarschaft

„Das ging mir irgendwann auf den Keks.“ Ronny Fischer (26) wollte dem „Rambazamba“ in der Emmern- und Wendenstraße irgendwann entkommen. Vor zwei Jahren zog es ihn in die Waterloostraße. Der Liebe wegen. Mit seiner Freundin Diana (34) hat er eine Tochter bekommen, Novalee Melody (17 Monate). „Im Großen und Ganzen sehr ruhig“, sagt Fischer zur neuen Heimat. Und anonym, findet er. In der Straße kennt er vielleicht vier Menschen, davon drei aus dem Haus. „Außer, wenn der Postbote mal was beim Nachbarn abgibt“, höre und sehe man eigentlich wenig voneinander.

Ronny Fischer (26) hat in der Waterloostraße eine Familie gegründet. Mit Freundin Diana und Tochter Novalee bewohnt er einen Altbau.

Vor zwei Jahren im Mai hatte der BMX-Fahrer eine Demo für eine Skaterbahn gemacht. Aus der Idee und dem Vorsprechen bei Susanne Lippmann damals wurde nichts, sagt er. „Das ist so stur hier, kotzt mich an.“ Man müsse eben was Vernünftiges auf die Beine stellen, sollen junge Leute in Hameln bleiben.

In den nächsten fünf Jahren möchte er in ein eigenes Haus ziehen. Mit seinen Handwerkerfreunden könnte er eins bauen. Er stellt sich aber vor, ein altes Haus zu kaufen, eins mit Charakter, einen Altbau. „So wie hier eigentlich.“

Die Geschichte der Straße

Die Waterloostraße, eine Nebenstraße des 164er Rings, wurde 1901 angelegt und die ersten Bewohner – unter anderem ein Dachdeckermeister und ein Schuhmacher – siedelten sich in Neubauten an. Zum Hintergrund des Namens: Im Dezember 1813 wurde das Landwehrbataillon Hameln ausgehoben, das an der Schlacht bei Waterloo teilnahm. Dort wurde am 18. Juni 1815 der preußisch-englische Sieg unter Blücher und Wellington über Napoleon dem Ersten gefeiert. Das Landwehrbataillon Hameln erlitt einen Verlust von 73 Mann. Um der Opfer der Schlacht bei Waterloo zu gedenken, wurde die Straße nach dem Ort benannt.

Nachgezählt

  • 185 Meter lang
  • 157 Einwohner
  • Davon sind 83 weiblich und 74 männlich
  • 2 Parkscheinautomaten
  • 5 Gewerbe
  • 3 Hunde
  • Hausnummern von 1 bis 13
  • Eine Sonnenmalerei am Haus
  • 4 Verbot-der-Einfahrt-Schilder

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